Erfolge und Defizite der beiden multilateralen Entschuldungsinitiativen HIPC (Heavily Indebted Poor Countries) und MDRI (Multilateral Debt Relief Initiative) von Weltbank und IWF
Der Stand des Entschuldungsprozesses wird durch zwei Aspekte geprägt. Zum einen gibt es einen deutlichen Erfolg der HIPC-Initiative, weil bei einem großem Teil der Länder eine Entschuldung vorgenommen wurde. Zum anderen existiert aber ungeachtet dessen ein erhebliches Problem mit weiteren Schulden und vor allem mit einer nach wie vor zu wenig verantwortlichen Gläubigerrolle im Zusammenhang mit der Kreditvergabe im internationalen Bereich.
Hinzu kommt letztlich noch, dass es immer noch kein geordnetes Verfahren für den Fall einer Überschuldungssituation gibt, bei dem die Interessen der armen Bevölkerung in den Schuldnerländern berücksichtigt werden können.
Ein strukturiertes transparentes Entschuldungsverfahren bleibt weiterhin nötig
Ob es nun um die Frage geht, welche Schulden erlassen werden, in welcher Höhe, zu welchen Bedingungen, was mit den bilateralen und privaten Schulden wird oder was mit den bereits erlassenen Schulden, deren Schuldtitel aber im internationalen Finanzgeschäft (gewinnbringend) gehandelt werden (Stichwort „Geierfonds“), das alles sind nur deutliche Hinweise darauf, wie sehr ein strukturiertes und transparentes Entschuldungsverfahren gebraucht wird.
Auf dem Weg dahin würden die öffentlichen Diskussionen um illegitime Schulden, über die Defizite bisheriger Entschuldungsinitiativen, die Unsinnigkeit mancher Kreditprojekte auch auf der Ebene der Gläubiger das Bewusstsein dafür sensibilisieren, dass es für alle Beteiligten sinnvoll ist, wenn die Verantwortung auf Gläubigerseite wächst. Es muss deutlich werden, dass nicht nur einfach Kredite vergeben werden können sondern es auch im internationalen Bereich so etwas wie eine Risikoprüfung geben muss.
Angesichts der neuen Entwicklungen auf dem internationalen Kreditmarkt, auf dem mittlerweile China und Indien selbstbewusst als Kreditanbieter etwa gegenüber afrikanischen Ländern auftreten, werden hier auch Diskussionen auf internationalen Foren wichtig.
Umsetzung von HIPC und MDRI
Von dieser 41 Länder umfassenden Gruppe haben mittlerweile 22 (Äthiopien, Benin, Bolivien, Burkina Faso, Ghana, Guyana, Honduras, Kamerun, Madagaskar, Malawi, Mali, Mauretanien, Mosambik, Niger, Nikaragua, Ruanda, Sambia, Sao Tomè und Principe, Senegal, Sierra Leone, Tansania, Uganda) die Entschuldung erreicht, 9 ( Afghanistan, Burundi, Gambia, Guinea, Guinea-Bissau, Haiti, Dem. Republik Kongo, Rep. Kongo, Tschad) haben eine Zusage erhalten, die Umsetzung ist aber noch nicht erfolgt und bei den verbleibenden 10 Ländern (Elfenbeinküste, Eritrea, Kirgisistan, Komoren, Liberia, Nepal, Somalia, Sudan, Togo, Zentralafrikanische Republik) gibt es noch keine Entscheidung im Verfahren. Mittlerweile ist aber bei Liberia durch die bereitwillige Zahlung einzelner Gläubiger ein großer Fortschritt erreicht worden.
Inklusive der noch umzusetzenden Entschuldungen geht es um einen Schuldenerlass in Höhe von 67 Mrd. US Doll. Im Zuge der weiteren Initiative von MDRI (2005 Gleneagles) kämen noch einmal 47,9 MRd. US Doll. Dazu.
Der Schuldenerlass in dieser Höhe bringt für einige Länder eine große Reduktion ihrer Schulden z.T. bis zu 70 %. Die Schuldendienstquote fiel im Jahr 2006 im Durchschnitt von vorher 16,6 % auf 6,4%.
Zur Erinnerung:
Erlassjahr hatte mit einem Verweis auf die in der Bundesrepublik Deutschland gelungene Entschuldung in der Nachkriegszeit immer wieder eine tragfähige Schuldendienstquote von 5% gefordert. Die hier erreichten 6,4 % kommen schon unübersehbar in diese Nähe und können deshalb ganz klar als Erfolg für die Umsetzung von HIPC gewertet werden, an dem die NGO-Szene auch ihren deutlichen Anteil hat.
Man kann und sollte allerdings kritisch anmerken, dass die Schuldendienstquote aufgrund ihrer Berechnungsfaktoren natürlich auch etwas mit der Einnahmesituation der verschuldeten Länder zu tun hat. Länder mit weltwirtschaftlichen attraktiven Rohstoffen (Gas,Erdöl, Koltan) haben hier eine deutlich positive Einnahmesituation wegen der gestiegenen Erdölpreise zu verzeichnen. So könnte der Erfolg der Entschuldungsinitiative argumentativ geschmälert werden, wobei allerdings Außenhandelsbilanzen immer das Risiko der aktuellen Exportsituation in sich tragen. In jedem Fall sollte aber die Situation am Rohstoffmarkt als Risikofaktor zugunsten der Schuldnerländer berücksichtigt werden, wenn es darum geht, Entschuldungsverfahren zu implementieren.
Kritisch angemerkt werden kann ebenfalls, dass es im Bereich dieser multilateralen Schulden es um Forderungsbestände geht, die ohnehin nicht zurückgezahlt wurden und somit die Haushalte der Schuldnerländer nicht belastet hätten. Da aber diese Schuldenstände bei der Ermittlung der Schuldendienstquote mit eingerechnet werden, entlasten sie die Haushalte indirekt doch und dies gilt auch dann, wenn die gestiegenen Exporteinnahmen eine wichtige Rolle spielen. Wenn der Schuldenstand – als einer der Berechnungsfaktoren – auf bis zu 90% des vor HIPC-Niveaus absinkt, wirkt sich das auch positiv auf den Schuldendienst aus.